Wenn die Beziehung festgefahren ist – ein Tipp

Wenn die Beziehung festgefahren ist - Frau sitz nachdenklich an herbstlichem Waldhang auf Bank

Dir geht es mit einem Aspekt deiner Beziehung gar nicht gut, und das vielleicht auch schon länger. Oder es gibt einen aktuellen Konflikt. Trotzdem scheitern alle Versuche, dies deinem Partner mitzuteilen? Weil das Ansprechen vielleicht in gegenseitigen Vorwürfen endet, oder beide eine verteidigende Haltung einnehmen? Und du fühlst dich hilflos, und vielleicht sogar verzweifelt, weil deine Partnerin nicht versteht, was du eigentlich sagen willst? Wenn die Beziehung festgefahren ist, braucht es Veränderung auf beiden Seiten. Und da du nur Einfluss auf dein Verhalten hast, macht es Sinn, den ersten Schritt zu wagen, und die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass dein Partner eben doch versteht, was du ausdrücken möchtest.

Wenn Gespräche zwischen PartnerInnen immer wieder unproduktiv enden oder sogar eskalieren kann eine Idee sein, diese Gespräche in schriftlicher Form zu führen. Was du also tun kannst, wenn du in deiner Beziehung in irgend einer Form leidest, deine Partnerin aber nichts davon hören möchte, ist einen Brief oder eine Email zu schreiben. Und du kannst mit der Art und Weise, wie du dich darin ausdrückst, die Wahrscheinlichkeit erhöhen, auf ein offenes Ohr zu stoßen. Wenn die Beziehung festgefahren ist geht es darum, Verständnis füreinander zu erlangen und gegenseitige Ablehnung abzuwenden, statt gleich Probleme zu lösen. Manche Probleme sind nicht lösbar, aber in einem guten Gespräch um dieses Problem herum miteinander zu bleiben, macht diese viel erträglicher.

Was hilft, wenn die Beziehung festgefahren ist

Doch wie kann ein solches gutes Gespräch aussehen? Und noch viel konkreter: Was kannst du bei deinem ersten Schritt berücksichtigen, um Verständnis zu fördern? Hier habe ich fünf Kriterien zusammen getragen, die dir helfen können, dein Anliegen gut zu formulieren:

 

1. Beschreibe dich, nicht deinen Partner

Schreibe darüber, wie es DIR geht, was in DIR vorgeht und was DU fühlst. Vermeide dabei deine Partnerin zu beschreiben oder dein Verhalten sogar mit ihrem zu rechtfertigen. Erkenne für dich an, dass deine Wahrnehmung nicht die ultimative Wahrheit ist, sondern nichts weiter als deine Wahrnehmung. Diese unterscheidet sich mit großer Sicherheit von der deines Partners. Es gibt immer zwei Wahrheiten in einer Beziehung. Bleibe außerdem konkret und vermeide Verallgemeinerungen.

Wenn die Beziehung festgefahren ist, kannst du also z.B. aus: „Weil du mir nie hilfst, will ich keinen Sex“ das hier machen: „Ich fühle mich unglaublich allein gelassen und auch manchmal überfordert mit … Ich bin einsam … Und ich habe das Eindruck, dass keiner sieht, was ich täglich tun muss und was alles in meinem Kopf sein muss, dass es fast wertlos ist … Abends bin ich so erschöpft und froh, endlich nicht mehr von unseren Kindern bekrabbelt zu werden, dass ich einfach nur meine Ruhe haben will und ein kleines Stück von Eigenständigkeit seinen Platz in meinem Alltag finden kann … mich macht es selbst traurig, wenn ich es so aufschreibe… Letzten Dienstag…“

 

2. Schreibe aus deiner Perspektive

Auch wenn du die Wahrnehmung und Perspektive deines Partners kennst und denkst zu wissen, wie seine Einstellung zu bestimmten Dingen ist, solltest du hierauf zunächst nicht eingehen. Bleibe bei dir und deiner Perspektive. Das Ziel mit dieser Nachricht ist, dass du deiner Partnerin erleichterst, auf deinen eigenen Gedankenzug aufzuspringen und die Dinge durch deine Brille zu sehen.

 

3. Vermeide Kritik

Und dazu ist es unbedingt nötig, nicht in Kritik zu verfallen. Was passiert wenn du in Form von Kritik den Charakter oder das Wesen deines Partners beschreibst, ist dass dieser natürlich sofort in eine Abwehrhaltung übergeht. Das würde jeder tun, denn keiner möchte gerne angegriffen werden und sich unverteidigt lassen. Du boykottierst also, verstanden zu werden, wenn dein Partner sich aufgrund von Kritik verteidigen muss. Sein Fokus wandert im Extremfall von „es ist interessant das zu lesen, ich wusste nicht, dass sie sich so fühlt“ zu „Das stimmt doch gar nicht, ich habe / bin nicht … da braucht ich gar nicht weiter lesen“.

Wenn es Verhaltensweisen deines Partners gab (konkrete), aus welchen du Schlüsse gezogen hast, dann Frage nach, ob das richtig bei dir ankam. „xy hat bei mir den Eindruck erweckt, dass du xy denkst / fühlst. Habe ich das richtig wahrgenommen oder liege ich damit falsch?“

 

4. Beschreibe „the bigger picture“, wenn passend

Inwiefern ist in dem Problem, das du mit eurer Beziehung hast, ein großer Lebenstraum involviert? Der nicht erfüllt ist? Oder ein wichtiges Anliegen, dass du in deinem Leben hast oder hattest? Schreibe darüber, wenn es in den Kontext passt. Was sind deine großen Motivatoren im Leben, von was hast du geträumt? Inwiefern spielt es eine Rolle darin, wie es dir mit eurem aktuellen Problem geht? z.B. „Ich hatte das nicht so erwartet … ich habe uns immer als xy gesehen … “

 

5. Nimm dir Zeit

Formuliere dein Anliegen, und gehe es dann anhand der Punkte 1. – 3. durch. Ist dort etwas, was als Kritik aufgefasst werden könnte? Beschreibst du deine Partnerin oder dich? Könnten Punkte als Unterstellungen aufgefasst werden? Kannst du noch irgendwie fördern, dass sie die Dinge aus deiner Sicht sehen kann? Wenn du zunächst mit deiner Formulierung zufrieden bist, schicke es nicht gleich ab. Warte ein wenig ab, lies mit ruhigem Gemüt noch mal drüber und schicke es dann weg. Wähle zum Abschicken vielleicht auch einen günstigen Zeitpunkt für deinen Partner. Wähle außerdem eher ein Medium wie einen Brief oder eine Email, statt dem schnellen Messenger, um zu fördern, dass sich auch deine Partnerin Zeit nimmt zum Lesen, Verstehen und Verfassen einer Antwort.

 

Also, wenn die Beziehung festgefahren ist, kannst du probieren mit wohlgewählten Worten euer disfunktionales Muster zu durchbrechen. Vielleicht fällt es dir auch schwer, zu benennen, was überhaupt in dir vorgeht. Oder du weißt gar nicht, wo du beginnen sollst. Hier kann ich dir gerne professionell zur Seite stehen, und dich in Form einer psychologischen Beratung begleiten, hier kannst du mir dazu eine Nachricht schreiben. Was sind deine Gedanken zu diesem Tipp? Hast du es schon mal geschafft, aus einem ungünstigen Beziehungsmuster auszubrechen? Teile deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren.

4 Meinungen zu “Wenn die Beziehung festgefahren ist – ein Tipp

  1. Andreas sagt:

    Leider muss ich zugeben dass die beschriebene Punkte einer festgefahrenen Ehe schon mehrere Jahre vorhanden sind. Bin 61 J. meine Frau 55. Es lebt sich nur noch so wie Bruder und Schwester die sich oft anfeinden und gegenseitig im Weg stehen.

    • Nina sagt:

      Lieber Andres,

      dies ist sicherlich eine harte Erkenntnis für dich. Ich hoffe, ihr findet wieder einen Weg zueinander. Sicherich gibt es ein paar Dinge, die du dazu tun kannst?

      Alles Gute,
      Nina

  2. V. sagt:

    Was ist, wenn dem anderen das alles zu kompliziert ist und der alles was man so mühsam formuliert hat zwar liest oder sich anhört aber damit nichts anfangen kann? Ich habe den Eindruck, mein Partner kann gar nicht aufnehmen was ich ihm sage. Es ist wie wenn wir zwar über das gleiche Buch reden würden aber ich bin auf Seite 900 und er auf Seite 3 und er interessiert sich eigentlich gar nicht für die Facetten der Geschichte…Viele Grüße V.

    • Nina sagt:

      Liebe V.,

      danke für deinen Kommentar.

      Das klingt schmerzhaft, wenn ich lese dass du dir viel Mühe gibst, und sich dein Partner nicht wirklich tiefer dafür zu interessieren scheint. Mir kam beim Lesen deines Kommentars irgendwie das Thema Bedürfnisse in den Sinn. Weiß dein Partner, was du von ihm möchtest? Weißt du es? Und natürlich gilt “it takes two to tango”. Manchmal möchte der andere nicht (mehr) mittanzen, hat aber Probleme, den Mut aufzubringen, eben dies zu kommunizieren. Hier ist es hilfreich dir über deine eigenen Grenzen klar zu werden.

      Alles Gute und liebe Grüße,

      Nina

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