Alltägliche Situationen wie Beziehungskonflikte können eine Stressreaktion auslösen. Wenn ein Konflikt mit dem eigenen Partner als Bedrohung interpretiert wird, zeigt sich schnell die Kampf-/Flucht-Reaktion. Das haben wir unserer evolutionären Entwicklung zu verdanken. Bei der Begegnung mit einem Säbelzahntiger hatten unsere Vorfahren zwei Optionen: (1) kämpfen, um den Säbelzahntiger zu töten, bevor er sie tötet oder (2) vor dem Säbelzahntiger wegrennen. Erstarren, sich ganz still verhalten, tot stellen sind ebenfalls Fluchtverhaltensweisen, in der Hoffnung keine Aufmerksamkeit zu bekommen.
Wenn wir also heutzutage in einen Konflikt geraten, der sich erhitzt, zeigen sich zwei typische Verhaltensweisen. Die Fluchtreaktion: Du ziehst dich zurück, möchtest gern den Raum verlassen, den Konflikt beenden oder einfach nur weg. Wenn dein Partner dich dann verfolgt, und möchte, dass ihr euren Konflikt auf der Stelle klärt, fühlst du dich vielleicht in die Enge getrieben und dein Verlangen nach Flucht wird vermutlich noch größer. Bis du dich kurz vorm Platzen fühlst. Vielleicht wechselst du dann in den Kampfmodus, verhältst dich in einer verletzenden Weise, wirst aggressiv, äußerst Kritik oder wirst sogar abwertend. Oder du verfällst in eine Starre und nimmst damit den inneren Fluchtweg – ziehst dich emotional zurück, verschließt dich, schaust in eine andere Richtung und mauerst.
Wie entsteht die Stressreaktion in Beziehungskonflikten?
Das limbische System, das für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist, wird aktiviert. Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet, um den Körper auf schnelle Handlungen vorzubereiten. Der Puls beschleunigt sich, die Atmung wird flacher und die Muskeln spannen sich an. Wir reagieren auf emotionale Bedrohungen ähnlich wie auf physische Gefahren. Der Verstand unterscheidet oft nicht zwischen einem angreifenden Tier und einem Konflikt mit einem Partner, da beides eine existenzielle Gefahr darstellen kann. Die Kampf-Flucht-Reaktion führt häufig dazu, dass rationale Denkprozesse beeinträchtigt werden und die Fähigkeit zur klaren Kommunikation abnimmt.
Wo führt die Kampf- / Flucht-Reaktion hin?
Wohin führt diese Art, Konflikte auszutragen, die im Zeigen einer Kampf- oder Flucht-Reaktion enden? Vielleicht ist dir unangenehm, wie du dich verhalten hast, du fühlst dich nicht gut mit dir selbst. Oder vielleicht hast du das Gefühl den Konflikt „gewonnen“ zu haben. Das bedeutet gleichzeitig, dass dein Partner vermeintlich „verloren“ hat. Oder du bist verletzt, und hast deine Partnerin ebenfalls verletzt. Wo führt dich das Verfallen in Kampf-/ Flucht- Reaktionsmuster also in deiner Partnerschaft hin? Zu der Art von Partnerschaft, die du dir wünschst, oder eher weg davon? Näher zu deinem Partner hin, oder mit jedem weiteren eskalierenden Konflikt weiter weg davon?
Was du tun kannst tun
Es ist vollkommen normal, zunächst von diesen Reaktionen überrannt zu werden, wenn du in schwierige Situationen gerätst. Findest du dich also in diesem Text wieder bist du ein ganz normaler Mensch. Vielleicht stellst du dir die Frage, was du künftig tun kannst, um bei einem Konflikt nicht in eine Kampf-/ Flucht Reaktion zu verfallen. Hierzu ein paar Ideen.
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Mache dir bewusst, was du denkst und fühlst. Was sind typische Situationen, die dann Gedanken und Gefühle aufbringen, die dafür sorgen, dass du dich bedroht fühlst? Wenn du dir diese vorab bewusst machst, kannst du sie leichter erkennen, wenn sie in einem Konflikt auftauchen und besser auf der Hut sein.
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Entscheide dich. Wenn du die Situation, Gedanken und Gefühle erkennst, entscheide dich aktiv gegen deinen Instinkt oder inneren Drang und für deine Partnerin, die Art von Beziehung, die du eigentlich führen möchtest, und die Art von Partner, der du eigentlich sein möchtest. Schaffe zunächst eine Distanz zu den identifizierten Gedanken und Gefühlen. Auch wenn du bereits ein Kampf-/ Flucht-Verhalten zeigst, kannst du dich jederzeit dazu entscheiden, damit aufzuhören.
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Überlege dir (auch das am besten vorab) wie diese Entscheidung konkret aussieht. Und das möglichst realistisch. Ist z.B. dein Erregungsniveau bereits sehr hoch, ist ein realistischer Plan, eine Pause von mindestens 20 Minuten zu nehmen und in dieser Zeit nicht weiter über den Konflikt nach zu grübeln. Sag deiner Partnerin, dass du eine Pause benötigst, und wann du wieder zurück bist. Vielleicht gibt es aber auch andere Maßnahmen, die sinnvoll sein können.
Was ist dein typisches Reaktionsmuster, wenn du in einen Konflikt gerätst, und diesen als bedrohlich wahrnimmst? Wie ist das deines Partners? Welche Muster ergeben sich daraus für euch als Paar? Möchtest du etwas tun, um diese Muster zu durchbrechen? Kontaktiere mich gern, wenn du dir dabei Unterstützung wünschst. Schaue dir außerdem unbedingt meinen nächsten Blogbeitrag an, in welchem ich ein weiteres Werkzeug zum Umgang mit Situationen vorstelle, in welchen die Kampf-/ Flucht- Reaktion bereits im Gange ist.