Du machst dir viele Gedanken über die große Entscheidung, deinen neuen Job im Ausland gestartet zu haben? Es fällt dir schwer, deinen letzten Partner aus dem Kopf zu bekommen? Wenn du ein Problem auf der Arbeit hast, denkst du viel darüber nach, oder ob du dich gut formuliert hast? Oder daran, wie schwer das Problem ist?
Gleichzeitig quält dich das schlechte Gewissen, weil du dich seit Tagen nicht bei deinen FreundInnen gemeldet hast oder zu viel Zeit in Feeds verbracht hast, die dich eigentlich nicht interessieren – und du weißt, dass du deine FreundInnen vermisst, kannst dich aber einfach nicht aufraffen. Wenn du dich in diesen Beispielen wiedererkennst, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du zum Überdenken neigst – also dazu, dir viele Gedanken um etwas zu machen, ohne dabei zu einem Ergebnis zu kommen. Und es geht dir damit wie vielen anderen.
Im folgenden Artikel erfährst du wie du Überdenken erkennen und Schritt für Schritt verändern kannst – damit du wieder mehr Klarheit, Ruhe und Präsenz im Alltag spürst.
Was bedeutet Überdenken und wie kommen wir dazu?
Traurigkeit, eine von unseren fünf völlig normalen und alltäglichen Grundemotionen, ist für viele Frauen, anders als für Männer, eher ein Auslöser für Reflektieren (Männer tendieren stattdessen eher zur Ablenkung). Weshalb bin ich traurig? Welche Auslöser hat meine Traurigkeit?
Aus dem Reflektieren wird schnell Grübeln oder „Rumination“, den Begriff hat sich die Psychologie von der Biologie geliehen. Kühe käuen wieder. Und beim Überdenken passiert etwas Ähnliches – wir denken wiederholt über ‚Unverdautes‘ nach. Überdenken ist ein Prozess, bei dem man beharrlich über seine Gefühle und Probleme nachdenkt, ein passives Denken, welches unsere Aufmerksamkeit dominiert. Rumination konnte in Studien mit verschiedenen psychischen Störungen assoziiert werden. Menschen mit Depressionen oder Angststörungen grübeln, was die Störung mit-hervorrufen, aufrechterhalten oder zu einem Rückfall führen kann.
Also einfach alles egal? Wie du mit dem Überdenken aufhören kannst
Überdenken von hilfreichen Denkmustern unterscheiden lernen
Hilfreich ist, zu unterscheiden, wann du in Gedanken tatsächlich ein Problem löst, und wann du nur unproduktiv überdenkst. Denn Überdenken fühlt sich oft sogar produktiv an. Problemlösen unterscheidet sich vom Überdenken darin, dass es weniger abstrakte Gedanken, und mehr konkrete Gedanken beinhaltet.
Abstrakte Gedanken entstehen meist aus Fragen wie „Warum?“. „Warum habe ich das so lange rausgezögert“ oder „War die letzte Trennung wirklich die richtige Entscheidung?“ sind Beispiele für abstrakte Gedanken (die keine eindeutig richtige Antwort haben). Konkrete Gedanken dagegen beziehen sich auf spezifische Situationen und Erlebnisse und befassen sich eher mit Fragen die mit „was?“ und „wie?“ beginnen, also mit der Planung und Durchführung von Handlungen. Zum Beispiel „Was wäre ein kleiner erster Schritt, um zu beginnen?“ oder „Was kann ich jetzt tun, damit es mir besser geht?“
Überdenken führt vor allem dann zu nichts Weiterem als Überdenken, wenn zwei Faktoren gegeben sind: Der Inhalt der Gedanken ist stark belastend, oder du befindest dich sowieso bereits in einer niedergeschlagenen Stimmung. Über schwierige (Lebens-)fragen nachzudenken geht also dann am Besten, wenn du dich in einer guten Stimmung befindest, vielleicht auch im Austausch mit einer guten Freundin oder im vertrauten Rahmen mit einer Psychologin.
Im Moment ankommen
Aus dem Überdenken auszubrechen ist mit Übung möglich. Ein weiterer guter Weg dazu stellt Achtsamkeit dar. Das sagen nicht nur klassische philosophische und religiöse Ansätze wie der Buddhismus, es lässt sich auch durch die Wissenschaft bestätigen. Achtsamkeit meint die Fähigkeit, auf den aktuellen Moment zu fokussieren, und was immer man dort findet mit Offenheit und vielleicht sogar Freundlichkeit zu begegnen. Geführte, klassische Atemmeditationen haben nachweislich einen negativen Effekt auf Überdenken (senken also die Tendenz dazu).
Du kannst aber auch im Alltag achtsam sein, indem du routinierten Tätigkeiten wie eine Tasse Kaffee zu trinken deine volle Aufmerksamkeit schenkst. Das Gleiche kannst du mit inneren Vorgängen regelmäßig tun – so kannst du deinen Körper im Laufe des Tages immer mal wieder kurz durchscannen, um zu schauen, welche Empfindungen dort gerade sind. Das ist auch ein erster guter Schritt, um Gefühlen Raum geben zu lernen, hinzuschauen, was gerade passiert in deinem Körper, ohne es zu bewerten. Außerdem kannst du dadurch feinere Antennen für dich entwickeln, und künftig vielleicht schon früher erkennen, dass du gerade in Gedanken verloren bist, um dann zum aktuellen Moment zurück zu kommen.
Für Ausgewogenheit sorgen
Stelle dir vor du liegst auf einem Surfbrett. Wenn du dich in einer schwierigen Lebensphase befindest ist es wichtig, die Balance zu halten, um weiter nach vorne zu kommen. Wenn dein linker Arm für Beschäftigung mit Herausforderungen oder Verarbeitung von Schwierigem steht, und dein rechter für Ablenkung, würdest du dich stets im Kreis drehen, wenn du nur einen deiner Arme zum Paddeln nutzen würdest. Es braucht also eine Balance aus Beschäftigung und Ablenkung (mit bereichernden Tätigkeiten), um weiter nach vorne zu kommen.
Dir liegen Dinge am Herzen
Dass du zum Überdenken neigst, zeigt vor allem eines: Dir liegen Dinge am Herzen. Und doch bringt es dich nur bedingt weiter und kann Gefühle von Unzufriedenheit, Erschöpfung und Angst schüren.
Wenn du dich beim Überdenken wiederfindest, ist das schon mal ein Erfolg, denn du hast bemerkt, was du gerade tust, anstatt immer weiter in Gedanken zu versinken. Kein Anlass also, Selbstkritik zu äußern (auch wenn dein Kopf vielleicht anderer Meinung ist) sondern viel eher ein Anlass dafür, ins Hier und Jetzt zurück zu kommen. Wenn ein Problem vorliegt, dass deiner Aufmerksamkeit bedarf, kannst du ins aktive Problemlösen übergehen. Frage dich, was du im aktuellen Moment tun kannst, um das Beste aus der Situation zu machen, also welche Handlungen dich jetzt konkret dem Leben näher bringen, das du dir wünschst.
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Alles Liebe,
Nina
Quellen